Das ist ei­ne Auf­ga­be al­ler De­mo­kra­ten

Quelle: IKZ vom 29.04.2017 von Ste­fan Drees
Iser­loh­ner In­te­gra­ti­ons­rat und Lan­des­in­te­gra­ti­ons­rat mit Ver­an­stal­tung zum The­ma Rechts­ex­tre­mis­mus

Iser­lohn. „Rechts­au­ßen­par­tei­en und ih­re Ak­ti­vi­tä­ten vor den Land­tags­wah­len NRW“ lau­te­te am Don­ners­tag­abend der Ti­tel ei­ner ge­mein­sa­men In­for­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung im Varn­ha­gen­haus, zu der der In­te­gra­ti­ons­rat der Stadt Iser­lohn und der Lan­des­in­te­gra­ti­ons­rat ein­ge­la­den hat­ten. Im Mit­tel­punkt stand da­bei ein Vor­trag von Alex­an­der Häus­ler von der Hoch­schu­le Düs­sel­dorf, der dort den For­schungs­schwer­punkt Rechts­ex­tre­mis­mus/Neo­na­zis­mus be­treut. NRW sei ei­gent­lich nie ein gu­tes Pflas­ter für Wahl­par­tei­en im rech­ten Spek­trum ge­we­sen, mein­te Häus­ler, das rechts­ex­tre­me Spek­trum or­ga­ni­sie­re sich häu­fig au­ßer­halb des Par­tei­en­spek­trums.

Häus­ler sprach von ei­ner Zu­nah­me ras­sis­tisch mo­ti­vier­ter Ge­walt. Und als Tä­ter wür­den längst nicht mehr nur die „üb­li­chen Ver­däch­ti­gen“ aus­ge­macht. Auch „nor­ma­le Bür­ger“ sei­en dar­un­ter. Der Satz „Das wird man doch noch sa­gen dür­fen . . .“ ha­be Kon­junk­tur, der Wis­sen­schaft­ler will ei­ne Ver­ro­hung des po­li­ti­schen Kli­mas aus­ge­macht ha­ben. Was Wahl­er­fol­ge an­be­langt, wür­den sich rechts­ex­tre­me Par­tei­en wie die NPD durch die AfD un­ter Druck ge­setzt füh­len, was zu ei­ner wei­te­ren Ra­di­ka­li­sie­rung füh­re. Im Blick lie­ge da­bei stets auch die Ein-Pro­zent-Mar­ke, de­ren Er­rei­chen Wahl­kampf­kos­ten­er­stat­tung aus öf­fent­li­chen Töp­fen si­che­re. Nach der NPD ging Häus­ler auch auf die Par­tei „Die Rech­te“ ein, die mit ih­rer „neo­na­zis­ti­schen Ori­en­tie­rung“ auch Auf­merk­sam­keit durch spek­ta­ku­lä­re Ak­tio­nen wie der Be­set­zung des Turms der Dort­mun­der Reinol­di­kir­che su­che. Und die so­ge­nann­ten Pro-Par­tei­en wür­den Ras­sis­mus im­mer mehr auf die Glau­bens­fra­ge über­tra­gen. Wei­ter im Nie­der­gang be­fän­den sich die „Re­pu­bli­ka­ner“.

Zur AfD: Die­se Par­tei, so Häus­ler, ha­be ih­ren Ur­sprung nicht im Rechts­ex­tre­mis­mus. Wirt­schafts­li­be­ral und neo­li­be­ral sei­en hier die Ur­sprungsat­tri­bu­te, na­tio­nal­kon­ser­va­ti­ve Ein­flüs­se sei­en dann aber ge­folgt. Es ge­be Ten­den­zen zur Fun­da­men­tal-Op­po­si­ti­on, die Par­tei ha­be den Weg von ei­ner Wirt­schafts­par­tei hin zu ei­ner ra­di­kal rech­ten Be­we­gungs­par­tei ein­ge­schla­gen. Zu­neh­mend wer­de auch um den „klei­nen Mann“ ge­buhlt.

Ras­sis­mus nicht nach dem Feu­er­wehr­prin­zip be­kämp­fen
Als „Hand­lungs­emp­feh­lun­gen“ sprach sich Häus­ler für Sach­kennt­nis und Po­si­tio­nie­rung vor Ort aus. Prä­ven­ti­on sei wich­tig, Rechts­ex­tre­mis­mus und Ras­sis­mus dürf­ten nicht nach dem Feu­er­wehr­prin­zip („Sie kommt erst, wenn es brennt“) be­kämpft wer­den. Bei der Ziel­set­zung, die Par­ti­zi­pa­ti­on von Mi­gran­ten zu för­dern, sei auch kom­mu­na­les En­ga­ge­ment be­deut­sam.Ein­ge­la­den zu der Ver­an­stal­tung wa­ren auch die hei­mi­schen Land­tags­kan­di­da­ten. Sie wur­den um kur­ze State­ments zum The­ma ge­be­ten. Det­lef Köp­ke (FDP) sag­te, sei­ne Par­tei ste­he für To­le­ranz und Viel­falt. Ei­ne „Wer­te­ver­mitt­lung“ müs­se nicht nur bei Flücht­lin­gen, son­dern auch bei vom Po­pu­lis­mus ver­führ­ten Kräf­ten wie et­wa den Pe­gi­da-An­hän­gern statt­fin­den. Hans Im­ma­nu­el Her­bers (Pi­ra­ten) zeig­te sich skep­tisch ge­gen­über spe­zi­fi­schen Mi­gran­ten-Ak­tio­nen. Das ver­hin­de­re, die­se Men­schen als ganz nor­ma­le Mit­glie­der der Ge­sell­schaft wahr­zu­neh­men. Asyl­ver­fah­ren müss­ten be­schleu­nigt wer­den, die An­er­ken­nung von Ab­schlüs­sen ver­ein­facht wer­den. Ma­nu­el Huff (Die Lin­ke) be­ton­te, dass sei­ne Par­tei vor Ort di­ver­se In­itia­ti­ven un­ter­stüt­ze. In Iser­lohn ste­he auch das Frie­den­fest für Viel­falt. Al­le Men­schen müss­ten in den Mit­tel­punkt ge­rückt wer­den. Oli­ver Held (Grü­ne) hob die Op­fer­be­ra­tung und die Ein­rich­tung von Sala­fis­mus-Be­ra­tungs­stel­len her­vor. Ein wich­ti­ges An­lie­gen sei es ihm, den All­tags­ras­sis­mus zu be­kämp­fen. Mi­cha­el Scheff­ler (SPD) er­in­ner­te dar­an, wie sei­ne Par­tei un­ter dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ge­lit­ten ha­be. Schon dar­aus re­sul­tie­re die kla­re Po­si­tio­nie­rung ge­gen­über Rechts­ex­tre­mis­mus und Frem­den­feind­lich­keit, de­ren Be­kämp­fung im üb­ri­gen Auf­ga­be al­ler De­mo­kra­ten sei. Scheff­ler sprach sich für ei­ne ver­stärk­te Ein­stel­lung von Mi­gran­ten in den öf­fent­li­chen Dienst aus. Ste­fan Wo­elk (CDU), der den ter­min­lich ver­hin­der­ten Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Thors­ten Schick ver­trat, for­der­te eben­falls ei­nen „Schul­ter­schluss“. Ziel im Be­reich In­te­gra­ti­on müs­se ein to­le­ran­tes und re­spekt­vol­les Mit­ein­an­der sein.

Ei­ne de­mo­kra­ti­sche Ein­wan­de­rungs­ge­sell­schaft
Bei der an­schlie­ßen­den Po­di­ums­dis­kus­si­on sprach sich Wo­elk al­ler­dings ge­gen ei­ne Quo­te von Mi­gran­ten im öf­fent­li­chen Dienst aus. Falsch sei es auch, wenn Bür­gern beim Satz „Ich ha­be nichts ge­gen Flücht­lin­ge, aber . . .“ schon das Stopp­schild ge­zeigt wer­de. Sor­gen müss­ten schon noch ar­ti­ku­liert wer­den dür­fen. Ins­ge­samt, so schätz­te es der Mo­dera­tor der Ver­an­stal­tung, Meinolf Rem­mert von der AWO-In­te­gra­ti­ons­agen­tur, ein, ver­deut­lich­te aber auch die Dis­kus­si­on, dass es bei der Be­wer­tung des The­men­fel­des in­ner­halb der Po­li­ti­ker auf dem Po­di­um mehr ver­bin­den­de als tren­nen­de An­sich­ten gibt.Ganz zu Be­ginn der Ver­an­stal­tung stan­den Gruß­wor­te. Bür­ger­meis­ter Dr. Pe­ter Paul Ah­rens sag­te un­ter an­de­rem, Viel­falt gel­te es nicht nur zu schät­zen, son­dern auch zu schüt­zen. Er­bil Eren, Vor­sit­zen­de des Iser­loh­ner In­te­gra­ti­ons­ra­tes, rief da­zu auf, die Ge­mein­sam­kei­ten zu be­to­nen und nicht im­mer die De­fi­zi­te von Flücht­lin­gen in den Mit­tel­punkt zu stel­len. Mit der Ver­an­stal­tung wol­le man ein Zei­chen für To­le­ranz und Viel­falt set­zen. Die stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de des Lan­des­in­te­gra­ti­ons­ra­tes, Kse­ni­ja Sa­kel­sek, sprach von ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ein­wan­de­rungs­ge­sell­schaft. Ei­ne Min­der­heit „ewig Gest­ri­ger“ grei­fe die­se Ge­sell­schaft an. Sor­ge be­rei­te es ihr, dass Res­sen­ti­ments ge­gen Mi­gran­ten und Flücht­lin­ge mitt­ler­wei­le auch in der Mit­te der Ge­sell­schaft ver­or­tet sei­en.


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